Jasmin Usadel-List

Alles was ich hab'

Alles, was ich weiß, weiß ich von einem andern,
Und alles, was ich lass', lass' ich für einen andern.
Alles, was ich hab', ist ein Name nur,
Den hab' ich von einem andern.

Herman, ruft ein Mann, und ich lauf' fort.
Herman, ruft eine Frau, und ich zögere.
Herman, ruft ein Kind, und ich fühl' mich alt.
Herman, ruft der Wind, und mir wird kalt.

Alles was ich sag', sag' ich einem andern,
Und alles, was ich geb', geb' ich einem andern,
Alles was ich hab', ist ein Name nur,
Den hab' ich von einem andern.

Die Hand, die ich geb', geb' ich einem andern,
Und die Tränen, die ich lass', wein' ich um einen andern.
Den Sinn, den ich hab', hab' ich in einem andern,
Und die Liebe, die ich fühl', ist für einen andern.

Nur meine Gänsehaut ist von mir selbst.

Herman van Veen

R.I.P.

Liebe Familie Usadel, liebe Familie List,

ich kann die von Sigrid geschilderte Szene bildlich vor meinem geistigen Auge sehen - auch wenn ich selbst gar nicht dabei war, denn ich kam erst ein halbes Jahr nach Jasmin in die Klasse 6 a des Mädchengymnasium Geldern.

Als die beiden "Neuen" taten wir uns zusammen und schlossen Freundschaft. Vieles passte, wir waren beide eher zurückhaltend, waren gerne in der Natur und haben gerne gewerkelt oder gebastelt. Außerdem hatten wir beide einen kleinen Bruder  im gleichen Alter (bei ihr kamen dann später noch drei weitere Brüderchen dazu) und auch unsere Mütter mochten sich.

Ihre Leidenschaft für Pferde konnte Jasmin mir leider  nicht nahebringen - auch wenn sie es redlich versuchte, hatte ich immer zu viel Angst vor diesen großen Tieren. Dennoch habe ich in meinem Fotoalbum ein wunderschönes Bild von uns beiden - ich sitzend auf Mira, Jasmin steht daneben und hält das Pferd sicher am Halfter.

In ihrer ruhigen, zurückhaltenden Art war sie doch mutiger und rebellischer als ich. Das gilt auch für Ihr Engagement in der Friedensbewegung der Achtzigerjahre, eine Zeit in der ich eher brav und angepasst war. Dennoch blieben wir uns die gesamte Schulzeit über sehr zugetan.

Nach dem Abitur trennten sich unsere Wege - Göttingen und Konstanz - viel weiter hätten wir uns 1985 innerhalb von Deutschland nicht auseinander bewegen können. Erst 1995, bei dem ersten und bis dato einzigen Klassentreffen unserer Abiklasse sahen wir uns wieder, hatten viel Spaß miteinander und vereinbarten, Kontakt zu halten. Eine Weile klappte das auch, ich bekam von Jasmin eine Heiratsanzeige, Bilder der beiden ersten Kinder... es war schön, zu sehen, dass sie glücklich war. Jasmin war nach Geldern zurückgekehrt, ich bin bis heute in Konstanz geblieben.

Leider schrieb ich ihr zu lange nicht zurück und als ich es endlich doch tat, kam mein Brief als unzustellbar  zurück - Jasmin war umgezogen und ich habe nicht genug unternommen, die neue Adresse heraus zu bekommen, dabei hätte ich ja nur in die Elisabethstraße in 133? in Geldern schreiben müssen...

Ich habe geglaubt, irgendwann ergibt sich ein Wiedersehen vielleicht von selbst, falsch gedacht. Jetzt bleibt mir die Hoffnung auf ein Wiedersehen im Himmel, wo sie sich vielleicht gerade über meine Tränen wundert. Und es bleibt mir die Erinnerung an Jashi, an ihr Pausenbrot mit Peanutbutter and Jelly - eine Vorliebe die sie aus Amerika mitgebracht hatte -, an wunderschöne Nachmittage im Hause Usadel, an ihre herzensgute Mutter Nika, an einen frechen Jan, der uns "Große" liebend gerne geärgert hat, an die drei "Kleinen'" - von denen in meiner Erinnerung immer mindestens einer eine dicke Rotznase hatte...

Es sind schöne Erinnerungen und ich möchte sie nicht missen. Dafür möchte ich danke sagen, auch ihrer Familie. Und vielleicht ist es ein kleiner Trost, zu wissen dass Jasmin viele Spuren hinterlassen hat - nicht nur in Form ihrer Kinder, sondern auch bei Menschen, an die man sicher schon lange nicht mehr gedacht hat, weit weg von Geldern am Bodensee.

Alles Liebe, ich wünsche Euch viel Kraft

Isabel Schira